Klimaresilient, denkmalgerecht, tourismusnah: Am Berliner Gendarmenmarkt nimmt das Konzept eines zukunftsweisenden Regenwassermanagements konkrete Gestalt an – mit Rinnen- und Rigolensystemen von ACO.
Überflutungs- und Hitzevorsorge in der Hauptstadt: Für den Berliner Senat steht die Sanierung des weithin bekannten Gendarmenmarktes vorbildlich für einen nachhaltigen Stadtumbau, der die Bedürfnisse der Menschen mit den Herausforderungen des Klimawandels verbindet. Durch eine ganzheitliche Systemlösung werden Niederschläge gesammelt, abgeleitet, gereinigt und über Rigolen gedrosselt in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt.
Hier treffen modernes Großstadtleben und bewegte Geschichte aufeinander. 1688 als Wochenmarkt angelegt, hat sich der Gendarmenmarkt im Herzen Berlins zu einem touristischen Hotspot entwickelt, der jährlich weit mehr als eine Million Besucher aus aller Welt anzieht. Eingerahmt wird er von einem dreiteiligen historischen Bauensemble, dem Konzerthaus im Zentrum sowie dem Deutschen Dom im Süden und dem Französischen Dom im Norden. Doch die intensive Nutzung hat Spuren hinterlassen. Insbesondere die Granitplatten und Mosaiksteine aus DDR-Zeiten waren dringend sanierungsbedürftig. Auch funktional entsprach Berlins bekanntestes Pflaster nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemäße Infrastruktur. Begleitet durch mehrere Bürgerforen entstand ein städtebauliches Gestaltungskonzept, das den historischen Ort zu einem urbanen Raum mit hoher Aufenthaltsqualität weiterentwickeln soll. Neben der barrierefreien Erneuerung der rund 14.000 qm großen Platzoberfläche mit Natursteinen stand vor allem die Sanierung der unterirdischen Infrastruktur und eine klimaangepasste Regenwasserbewirtschaftung im Fokus.
„Wie in allen hochverdichteten, urbanen Räumen nehmen auch in Berlin Starkregenereignisse und Hitzeperioden als Folge des Klimawandels zu. Wir als Berliner Wasserbetriebe und die Stadt Berlin möchten eine Neuausrichtung im Umgang mit Niederschlagswasser: weg von der reinen Ableitung zur Kläranlage, hin zu einer dezentralen Versickerung,“ erklärt Christopher Repkow, Standortleiter für den medienübergreifenden Netzbau Berlin Ost bei den Berliner Wasserbetrieben. Mehr Regenwasser, das geordnet in der Stadt versickern kann, schützt das Stadtgrün vor Trockenschäden und die Infrastruktur vor Überschwemmungen. Gleichzeitig stabilisiert sich der Grundwasserspiegel und die Gewässergüte steigt, weil es seltener zu Mischwasserüberläufen der Kanalisation in die Gewässer kommt.
Laut Berliner Wassergesetz ist eine dezentrale Versickerung über belebte Bodenzonen vorgeschrieben. Wo es jedoch wie am Gendarmenmarkt an unbefestigten Frei- und Grünflächen fehlt, sind alternative Systemlösungen gefragt. Ihre Aufgabe ist es, den natürlichen Wasserkreislauf nachzubilden, das heißt, das Niederschlagswasser vor Ort zu sammeln, aufzunehmen, zu reinigen, zu speichern und sukzessive an die Bodenschicht abzugeben. Als einer der führenden Anbieter solcher integrierter Entwässerungskonzepte wurde die ACO GmbH in Büdelsdorf von den beteiligten Landschaftsarchitekten frühzeitig in die komplexen hydraulischen Berechnungen eingebunden. „Für den erforderlichen Überflutungsnachweis nach DIN 1986-100 und der DWA-A 138 haben wir die anfallenden Niederschlagsmengen eines mindestens 30-jährigen Regenereignisses von 5-minütiger Dauer nach den KOSTRA-DWD-Rasterdaten zugrunde gelegt,“ erzählt Jan Witt, Anwendungstechniker bei ACO. In Abhängigkeit von der Gesamtfläche, dem Einzugsgebiet und der Geländeneigung des Platzes wurde das erforderliche Auffang- und Rückhaltevolumen ermittelt und die Entwässerungsrinnen und Rigolen entsprechend dimensioniert.
In dem anschließenden, europaweit offenen Vergabeverfahren konnte ACO mit seinem speziell auf klimaresilientes Regenwassermanagement ausgerichteten Sortiment an Rinnen und Rigolen punkten. Ausgeschrieben war zum einen eine Kastenrinne mit Guss-Kantenschutz und neutralem Längsstabrost aus Gusseisen, die sich am ursprünglichen Erscheinungsbild orientiert. „Die ACO PowerDrain Seal in entspricht nicht nur den anspruchsvollen Design-Vorgaben der Denkmalpfleger. Der robuste Rinnenkörper mit der EPDM-Dichtung am Rinnenstoß hält auch ohne sichtbare Rückenstützen den Belastungen des temporär hochbelasteten Platzes stand“, weiß Jan Witt.
Eine zentrale Rolle bei der Regenwasserbewirtschaftung am Gendarmenmarkt spielt das Rigolensystem. Über die Füllkörper versickern die zuvor gesammelten und mittels Substratfilter gereinigten Niederschläge und werden kontrolliert an die darunter liegende Bodenschicht abgegeben. Auch hier machte ACO das Rennen, weil das angebotene Rigolensystem ACO Stormbrixx punktgenau die spezifischen Anforderungen des großflächigen Platzes erfüllte. Aufgrund seiner kompakten Bauweise mit einer geringen Höhe von gerade einmal 61 cm ist der Einbau auch bei dem relativ hohen Grundwasserstand in Berlin möglich, ohne den Mindestabstand zum Grundwasserspiegel zu unterschreiten. Dabei verfügen die insgesamt sechs Rigolen über eine Speicherkapazität von 480 m³ - ausreichend, um selbst für ein 30-jähriges Regenereignis gewappnet zu sein.
Durch ihren modularen Aufbau lässt sich die Blockrigole unkompliziert in die unterirdische Leitungsführung integrieren und die Kontur flexibel an bestehende Platzverhältnisse anpassen. So werden die Grundelemente einfach um Fahnenmaste, Leuchten und das markante Schiller-Denkmal herum platziert. Christopher Repkow ließ es sich nicht nehmen, das Handling eigenhändig zu testen. „Für die leichtgewichtigen, handlichen Kunststoffelemente ist kein schweres Gerät nötig. Mithilfe des Steckmechanismus konnte ich sie ohne großen Kraftaufwand mit einem Klick verbinden.“ Wenn auf diese Weise alle sechs Rigolen zu tragfähigen Verbänden verlegt sind, kann der Einbau der vorgelagerten Reinigungsstufen und Entwässerungsrinnen beginnen. Mit einem neuen Natursteinpflaster aus Granit, Gneis und Basalt versehen, soll der Gendarmenmarkt pünktlich zu Weihnachten 2024 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Und so zu einem Leuchtturm-Modell für eine klimaresiliente Umgestaltung von öffentlichen Räumen werden.